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Lagerung, Gläser, Temperatur: So schmeckt Wein besonders gut

Berlin. 

Ein guter Wein braucht einen geeigneten Platz im Haus. Sonst leiden Qualität und Geschmackserlebnis. Eine Flasche über Monate in die sonnige Küche zu stellen, ist zum Beispiel keine gute Idee. Und wer einen Rotwein im Sommer bei Zimmertemperatur trinkt, merkt schnell: Richtig gut schmeckt das nicht.

Die Wahl des passenden Weinglases ist für den Genuss ebenso wichtig, damit sich Aroma und Geschmack richtig entfalten können. Und wie schnell sollte man eigentlich eine angebrochene Flasche trinken?

Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick: 

Wie lagere ich Wein am besten?

Sie haben eine gute Flasche Wein geschenkt bekommen, die Sie erst in einigen Monaten oder sogar Jahren zu einem besonderen Anlass trinken möchten? Dann sollte die Flasche an einem geeigneten Ort ruhen.

Fünf Tipps für das perfekte Lagern von Weinen:

1. Der Ort

Wein gehört in den Keller, so will es die Tradition. Tatsächlich seien alte Gewölbe von Natur aus perfekt zum Lagern, sagt Christian Ress, der Gründer des Weinclubs Winebank. Keller sind:

  • dunkel
  • kühl
  • feucht

2. Die Temperatur

Zu warm darf es nicht sein. «Über 20 Grad gelagerte Weine bauen schon nach einem halben Jahr ab», sagt Sommelière Natalie Lumpp, die durch viele Fernsehauftritte bekannt ist. Optimal seien 12 Grad.

Wichtiger als die Kühle ist aber eine konstante Temperatur. Schwankt die Temperatur, dehnt sich der Wein bei Wärme aus und zieht sich bei Kälte wieder zusammen – und pumpt so Luft rein und wieder raus.

Die Folge: Der Wein oxidiert und altert. «Besonders feine Fruchtaromen leiden», erklärt Ress. «Die Weine werden unharmonisch, sie verlieren Frische, ihre Säure wird weniger intensiv.»

3. Die Umgebung

Eine Weinflasche sollte nie in der Sonne stehen. UV-Strahlen lassen den Wein altern – und zwar schon nach wenigen Wochen.

Um den Gasaustausch gering zu halten, sollte der Lagerort außerdem erschütterungsfrei sein. Das Weinregal also nicht in die Nähe der Waschmaschine stellen, weil beim Schleudern der Boden vibriert.

4. Die Luftfeuchtigkeit

Um den Korken geschmeidig und die Flasche damit dichtzuhalten, sollte die Luftfeuchtigkeit zwischen 65 und 70 Prozent liegen.

5. Die Position

Auch das liegende Lagern soll den Korken davor schützen, spröde zu werden. Bei Flaschen mit Schraubverschluss ist es laut Ress egal, ob diese stehen oder liegen und wie feucht die Luft ist. Übrigens werden längst auch Spitzenweine mit Schraubverschluss verkauft.

Alternative Orte zum Keller

Wer keinen Keller hat, lagert seinen Wein am besten unter dem Bett. «Dort ist es dunkel, und das Schlafzimmer ist meist der kühlste Raum der Wohnung», erklärt Marc Almert, der 2019 als zweiter Deutscher die Weltmeisterschaft der Sommeliers gewann. Die Umgebung sollte auf jeden Fall geruchsfrei sein.

Ambitionierten Weinsammlern rät Ress zum Kauf eines Weinkühlschranks, bei dem sich das perfekte Klima exakt einstellen lässt. Denn die Betonkeller moderner Häuser seien oft trocken und warm.

Welche Weine werden durch langes Lagern besser?

«Große Weine», also Weine von hoher Qualität, bräuchten viel Zeit, sagt Christian Ress. Sie gewinnen an Harmonie und Komplexität.

Je höher der Alkohol- und Zuckergehalt, umso länger hält sich der Wein und kann sich entwickeln. Eisweine oder Trockenbeerenauslesen könnten locker Jahrzehnte reifen, sagt der Profi.

Manche Weine werden feiner und ausgewogener, wenn sie lange lagern. Tertiäraromen wie Vanille oder Nuss vom Holzfass können zutage treten. «Viele schätzen die Veränderung der Aromatik», sagt Yvonne Heistermann, Präsidentin der Sommelier-Union Deutschland.

Rotweine wie Ribera, Bordeaux und Barolo hätten viel Potenzial aufgrund ihrer Komplexität und des hohen Tanningehalts. «Im Lauf der Zeit verbinden sich die Komponenten noch mehr miteinander und werden besser zugänglich.» Der Wein schmeckt noch runder.

«Es wird oft unterschätzt, dass auch Weißweine reifen», sagt Christian Ness. «Gerade deutsche Süßweine werden regelmäßig nach Jahrzehnten zu horrenden Preisen versteigert.» Das mit Abstand größte Reifepotenzial habe der Riesling – dank seines hohen Säuregehalts.

Aber: «Nicht jeder Wein ist ein Langstreckenläufer», sagt Heistermann. Vor allem Weine im unteren Preissegment kommen trinkreif auf den Markt. «Ein einfacher Grauburgunder aus dem Supermarktregal wird nicht besser durch Lagerung. Den sollte man direkt konsumieren.»

Wo fassen Kenner das Weinglas an?

«Immer am Stiel», schreibt Jens Priewe, Autor des Buchs «Wein. Die große Schule». Den Kelch zu umklammern, ist für Weinliebhaber ein Tabu. Nicht nur bleiben fettige Fingerabdrücke zurück – der Wein erwärmt sich auch schneller.

Welche Gläser für welche Weinsorten?

Unterschiedliche Weingläser für verschiedene Weine halten manche vielleicht für eine Spielerei oder Spinnerei für Kenner. Doch die Form des Glases hat einen Einfluss auf den Geschmack. Ein guter Wein im falschen Glas schmeckt flacher, als er sein müsste.

Jens Priewe listet in seinem Buch acht verschiedene Weingläser auf. Drei Beispiele:

  • schmale, tulpenförmige Gläser für Champagner und Schaumweine, in denen sich Schaum aufbauen kann
  • kleine, eher schmale Gläser für leichte Weißweine, in denen sich das blumig-fruchtige Aroma konzentriert
  • bauchige, große Gläser für schwere Rotweine, die atmen müssen

«Ich finde, dass man mit zwei Gläsern zurechtkommt», sagt Sommelier Marc Almert.

1. ein längliches Universalglas für Weißwein, Schaumwein und Rosé

2. ein runderes Glas für alle Burgunder (etwa Pinot Noir, Weiß- und Grauburgunder), die mehr Luft brauchen zum Entfalten

Tipp: Fürs Picknick im Park oder am See empfehlen sich Gläser ohne Stiel, die bauchig wie ein Kelch geformt sind. Plastik ist zwar nicht ideal, aber immer noch besser als Pappbecher.

Wie viel Wein schenken Profis ins Glas?

Yvonne Heistermann füllt Weingläser maximal bis zu einem Drittel. Ist das Glas zu voll, kann man es nicht mehr schwenken.

Jens Priewe rät, Rotweine in großen, bauchigen Gläsern maximal bis zur breitesten Stelle einzuschenken. So könne sich das Aroma am besten entfalten. Weißwein könne man bis zur Hälfte eingießen.

Welche Weine servieren Kenner in einer Karaffe?

Zunächst sind zwei Fachbegriffe voneinander zu unterscheiden:

1. Beim Dekantieren wird der Wein von seinem Bodensatz getrennt. Dafür wird ein sogenannter Dekanter verwendet. Diese Maßnahme ist nur bei älteren, strukturierten Weinen angeraten. Gereifte Rotweine lassen sich mit einem feinen Sieb vom Satz trennen. Aber das ist erst nach zehn oder 15 Jahren der Lagerung notwendig.

2. Beim Karaffieren wird der Wein aus der Flasche in ein anderes Gefäß gegossen, damit er mehr Sauerstoff bekommt. Dieses Umfüllen in eine Karaffe mag wie ein schnöseliges Ritual wirken. Doch bei manchen Weinen bringt es große Vorteile.

Junge, strukturierte Weine – etwa ein junger Riesling – entfalten ihre Aromen erst richtig, wenn sie Luft bekommen. Über den schmalen Flaschenhals könne der Wein kaum atmen, erklärt Natalie Lumpp. «Auch wenn ich ihn zwölf Stunden vorher öffne.» Sie empfiehlt deshalb eine Karaffe mit breitem Boden, wodurch der Wein viel Sauerstoff aufnimmt.

Wichtig ist das Karaffieren vor allem bei jungen Rotweinen mit viel Tannin. Die Gerbstoffe und Holznoten werden durch die Oxidation am Gaumen weicher. «So schmecken sie gleich wie zwei Jahre länger gereift», sagt Lumpp.

Aber auch manche Weißweine, zum Beispiel im Holzfass ausgebaute Burgunder oder große Gewächse mit Lagerpotenzial, profitieren. Ein weiterer Vorteil: In Kontakt mit der Luft verfliegen einige Böckser, wie Experten alle möglichen Weinfehler nennen.

Bei günstigen Weinen unter fünf Euro bringt das Umfüllen in eine Karaffe dagegen nichts. Das gilt auch für junge, leichte Weine, die wenig komplex sind, zum Beispiel viele einfache Pinot Grigio.

Tipp: Wer keine Karaffe benutzt, kann zumindest darauf achten, eher größere als kleinere Gläser zu nutzen, rät Heistermann. Auch das bringt die Aromen des Weines eher zur Geltung.

Bei welcher Temperatur schmeckt welcher Wein am besten?

  • Weißweine sollten bei etwa sieben bis neun Grad getrunken werden, sagt Heistermann.
  • Bei Rotweinen sind je nach Sorte und Ausbau 16 bis 18 Grad perfekt.

Ein hartnäckiges Missverständnis ist, dass Rotwein bei Zimmertemperatur serviert werden soll. Das stamme aus der Zeit, als in zugigen Schlössern 18 Grad als Luxus galten, erklärt der Weinblogger Felix Bodmann in der Webweinschule.

Zu warm schmecke Rotwein schnell brandig, warnt Andreas Slepitzka, Seminarleiter in der Weinschule Einfach geniessen in München. Der Alkohol steche dann heraus. Für die perfekte Temperatur empfiehlt der Winzer eine Manschette mit Gradanzeige.

Generell gilt: «Den Wein lieber etwas kälter auf den Tisch bringen, weil er sich dort erwärmt», rät Yvonne Heistermann.

Was ist vom Express-Kühlen im Gefrierschrank zu halten?

Das ist zumindest kein No-Go. «Ich würde behaupten: Wenn man einen Wein aus dem Kühlschrank und einen schockgekühlten Wein am Ende mit der gleichen Temperatur trinkt, schmeckt man den Unterschied nicht heraus», sagt Heistermann.

Lediglich ältere Weine sollte man nicht ins Gefrierfach tun. Sie können Aromen einbüßen.

Weinfehler: Wann sollte ich die Flasche nicht servieren?

Der mit Abstand häufigste Fehler ist, dass der Wein korkt.

Um das zu bemerken, braucht man keine feine Nase – es riecht eindeutig muffig und erdig. Allerdings sei die Zahl der sogenannten Korkschmecker stark zurückgegangen, weil die Korkproduzenten heute viel sorgfältiger arbeiteten, berichtet Heistermann.

Jens Priewe zählt in seinem Buch diverse andere Weinfehler auf:

  • Stinkt der Wein nach dem Öffnen faulig, sprechen Kenner vom Reduktionsbouquet. Nach dem Einschenken oder Dekantieren verfliegt der Geruch aber.
  • Besonders edelsüße Weine riechen manchmal nach Nagellack.
  • Im Holzfass gelagerte Rotweine, die nach Kuhstall oder Pferdeschweiß riechen, haben Brettanomyces, kurz Brett – einen Hefestamm, der sie untrinkbar macht.

Was bringt das Schlürfen?

Das lautstarke Einsaugen und Gurgeln mancher Profis mag albern und affektiert wirken. Aber es kann durchaus etwas bringen, weil dabei Luft an den Wein kommt.

«Manche haben das Gefühl, dass sich durch den Sauerstoff die Aromen besser entfalten», sagt Heistermann. «Ich kenne aber auch viele Verkoster, die nicht schlürfen müssen, um den Geschmack eines Weines beurteilen zu können.»

Wichtig sei, dass man den Wein im ganzen Mund kreisen lasse, sagt Natalie Lumpp. «Damit alle Geschmackspapillen erreicht werden. Man muss aber nicht laut schlürfen.»

Wie lange darf die Flasche offen sein?

Wer zwei Gläschen zum Abendessen trinkt, stellt sich die Frage: Wie lange hält sich der übrige Wein in der halbvollen Flasche?

«Wenn nur ein oder zwei Gläser fehlen, hält er sich mindestens zwei Tage, bei hochwertigen Weinen auch fünf Tage», sagt Natalie Lumpp. «Wenn die Flasche halbleer ist, trinkt man sie besser aus.»

Das gilt aber nur unter einer Voraussetzung: Angebrochene Flaschen sollten immer in den Kühlschrank, auch Rotwein. Der verlangsamt die Oxidation, also die chemische Reaktion mit dem Sauerstoff.

Einen ähnlichen Effekt verspricht ein Vakuum-Weinverschluss.

Damit zieht man die Luft aus der geöffneten Flasche und minimiert so den Sauerstoffkontakt und damit den Aromaverlust. Der Wein soll dadurch umso länger frisch und geschmackvoll bleiben.

Wie gut funktionieren solche Vakuum-Weinverschlüsse? Die Meinungen gehen auseinander:

  • Skeptiker etwa beim Magazin Wine Spectator und unabhängige Labortests fanden keinen messbaren Vorteil gegenüber einfachem Wiederverschließen und Lagern im Kühlschrank.
  • Manche Sommeliers finden, dass das Bouquet, also der Duft des Weines, länger erhalten bleibt als durch normales Verschließen.

Durch einen Vakuum-Verschluss könne die Oxidation des Weines etwas herausgezögert werden, sagt Heistermann. «Jedes erneute Vakuumieren verkürzt aber die Haltbarkeit, da bei der Entnahme des Weines immer eine geringe Menge Sauerstoff hinzukommt.»

Gut zu wissen: Viele Gastronomen nutzen inzwischen ein Weinzapfsystem, mit dem sich der Wein durch den Korken hindurch glasweise ausschenken lässt. So muss der Gast im Restaurant keine ganze Flasche kaufen. «Man kann den Wein so über Monate und Jahre hinweg genießen, ohne Qualitätsverlust», sagt Heistermann.

3 comments

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Leon Hoffmann

Danke für die schnelle Information

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Sophie Wagner

Hochwertiger Inhalt, gefällt mir sehr

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Felix Neumann

Top, gern mehr davon

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