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Wie ein Vorleser schwer kranken Kindern in Chemnitz und Dresden Ablenkung im Klinikalltag schenkt

Chemnitz. 

Es gibt Orte, an denen Worte besonders wertvoll sind. Dort, wo Kinder nicht spielen, sondern kämpfen – gegen Krankheiten, Ängste, Einsamkeit. Und es gibt Menschen, die diesen Orten etwas zurückgeben. Einer von ihnen ist Jan Rose. Seit Jahren engagiert er sich in einem besonderen Projekt: Er liest vor – auf Kinderstationen in Kliniken. Ein stilles Ehrenamt, das leise wirkt. Und lange nachhallt.

Vorlesen als Einladung – niemals als Pflicht

Die Klinik ist kein einfacher Ort. Schon gar nicht für Kinder. Ihre Tagesform schwankt – mal sind sie neugierig, mal zurückgezogen, manchmal gar nicht ansprechbar. Jan Rose kennt das. Und genau deshalb betont er: Vorlesen ist immer ein Angebot, kein Muss. Niemand soll sich gedrängt fühlen, weder Kinder noch Eltern. 

Der Zauber liegt im Moment. Wenn ein Kind zuhört, auch nur ein paar Minuten, wenn es in eine Geschichte eintaucht, dann entsteht ein Raum: frei von Angst, voller Fantasie. Für Eltern bedeutet das oft eine kleine Verschnaufpause. Manchmal reicht ein einziges Kapitel, um für kurze Zeit die Klinik vergessen zu lassen.

Nicht jeder Tag ist gleich – und gerade das macht es besonders

Jan Rose weiß, dass kein Vorlesetag dem anderen gleicht. Er bringt Zeit mit, Geduld und die Fähigkeit, sein eigenes Ego draußen vor der Tür zu lassen.

Ein kleiner Junge namens Max – und der Zauber eines ersten Buches

Besonders eindrücklich erinnert sich Jan Rose an ein Erlebnis aus dem Jahr 2017. Ein kleiner Junge, zwei Jahre alt, seine Sprache noch in den Anfängen. Die Großmutter, skeptisch: «Er wird sowieso nicht zuhören.» Doch Jan fragte den Jungen direkt: «Willst du die Geschichte von den drei kleinen Kätzchen hören?» Max blieb. Schaute. Hörte zu. Eine Woche später kam er ihm im Spielzimmer entgegen – und rief strahlend: «Buch! Buch!» Ein Moment, der mehr sagt als tausend Worte.

Zwischen Stille und Lachen – was Geschichten bewirken

Die Atmosphäre beim Vorlesen variiert stark. Manchmal wird gelacht, laut und herzlich. Manchmal ist es ganz still. Es gibt Kinder, die viele Fragen stellen. Andere verlieren sich einfach im Klang der Stimme. Jan Rose berichtet von diesen Augenblicken mit großer Bescheidenheit – als wären es nicht seine Taten, sondern nur die Bücher selbst, die wirken. Doch jeder, der zuhört, spürt: Hier passiert mehr.

«Eins ist gewiss – jeder Vorlesetag ist mit Sicherheit anders als der vorangegangene und mit Sicherheit anders als der folgende. Die Tagesform der Kinder – im Alter von wenigen Monaten bis zur Volljährigkeit – ist großen Schwankungen unterworfen», erklärt Jan Rose.

Aus Vorlesefreude wird Herzensprojekt

Seine Leidenschaft fürs Vorlesen entdeckte Jan Rose bereits 2009 im Projekt «lesestark!» der Städtischen Bibliotheken Dresden. Dort lesen ehrenamtliche Lesepatinnen und -paten Vorschulkindern in Kindergärten einmal im Monat vor. Die Freude daran wuchs – begleitet von regelmäßigen Weiterbildungen.

Zusammenarbeit mit Elternverein und Krebsstation

Die Idee, auch kranken Kindern mit Geschichten eine kleine Auszeit vom Klinikalltag zu ermöglichen, entstand 2017. Unterstützt wurde sie vom damaligen Vorstand des Vereins- und Stiftungszentrums Dresden, Marten Hünich. In Zusammenarbeit mit dem Elternverein Sonnenstrahl e. V. und der Kinderkrebsstation des Universitätsklinikums Dresden wurde das Konzept auf die Beine gestellt. Nach einer erfolgreichen Testphase wurde das regelmäßige Vorlesen auf der Station etabliert. 

Bibliotheken in Dresden und Chemnitz unterstützen

Unterstützung bekommt das Projekt auch durch Bibliotheken – etwa in Dresden-Pieschen oder in der Stadtbibliothek im Tietz, Chemnitz. Dort kennt man die besonderen Bedürfnisse der Vorlesenden gut und hilft mit Literatur, die berührt.

Drei Vorleser in Dresden und Chemnitz unterstützt vom Elternverein krebskranker Kinder

Anfänglich allein unterwegs, bekam er schnell Unterstützung durch weitere Vorlesende. Momentan sind wir zu dritt im Team – Grit Berthold, Uwe Hahn in Dresden und ich im Klinikum Chemnitz», sagt Jan Rose. Seit Weihnachten 2024 wurde das Projekt auf das Klinikum Chemnitz erweitert. Dort liest Jan Rose einmal wöchentlich auf der onkologischen Kinderstation F140. Hier kooperieren sie mit dem Elternverein krebskranker Kinder

Kleine Hände, die nach einem weiteren Buch greifen

Was sie antreibt? Die Rückmeldungen. Die strahlenden Kinderaugen. Die kleinen Hände, die nach einem weiteren Buch greifen. Und das Wissen, dass Worte eine Kraft haben – gerade dort, wo es sonst wenig Ablenkung gibt. Das Vorleseprojekt ist heute fester Bestandteil des Vereins – getragen von Ehrenamt, Mitgefühl und einem tiefen Verständnis für das, was verletzliche Kinder brauchen.

Wer den Verein unterstützen möchte, findet hier die Möglichkeit dazu.

Mehr über das Projekt gibt es im Video:

2 comments

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Mia Braun

Klare Darstellung, gut erklärt

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Jonas Fischer

Hervorragende Übersicht über das Thema

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