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Landtag debattiert kontrovers über Haushalt

Dresden. 

Die Haushaltspolitik entzweit die Fraktionen im Sächsischen Landtag. Vertreter aller Fraktionen nutzen die abschließende Beratung zum Doppelhaushalt für einen verbalen Schlagabtausch über die künftige Ausrichtung. Denn obwohl die für Donnerstag geplante Schlussabstimmung des Doppelhaushalt 2025/2026 noch aussteht, denkt die Politik schon an den nächsten Etat. Der aktuelle Etat gilt lediglich als «Übergangshaushalt». Die eigentlichen Herausforderungen stehen noch bevor, hieß es wiederholt. 

Kretschmer stimmt auf schwierige Zeiten ein

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stimmte den Freistaat auf schwierige Zeiten ein. Er verwies auf die sei drei Jahren anhaltende Rezession in Deutschland. Dass die Einnahmen des Staates aus Steuern und Abgaben nicht ausreichen, um die Pflichtaufgaben zu erledigen, habe es in den vergangenen 35 Jahren nicht gegeben. 

Laut Kretschmer kommt Sachsen zwar beim Haushalt 2025/2026 ohne Neuverschuldung aus. Aber schon bei der 2026 beginnenden Aufstellung des Doppelhaushaltes 2027/2028 werde man wieder vor dem Dilemma stehen, ob man das mit dem geänderten Grundgesetz mögliche Instrument nutzt. Demnach dürfen die Länder künftig wie der Bund 0,35 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt als Schulden aufnehmen.

«Je eher es in Berlin gelingt, die Weichen auf Wachstum zu stellen, desto kleiner wird das Problem», sagte Kretschmer. Sachsen werde mit weniger Geld auskommen müssen. Der Staat müsse auf Aufgaben verzichten. Schon jetzt würden im Haushalt rund zwei Milliarden Euro fehlen. Es sei wichtiger denn je, Prioritäten zu setzen. 

Kretschmer dankt Grünen und Linken: Verantwortungsgemeinschaft

Ausdrücklich bedankte sich Kretschmer bei Grünen und Linken, mit denen sich die CDU-SPD-Minderheitskoalition auf einen Haushalt einigte. Man habe eine «Verantwortungsgemeinschaft» gebildet. Der Koalition fehlen im Parlament zehn Stimmen zur Mehrheit. Grüne und Linke haben zusammen 13 Stimmen und haben insgesamt 12 für den Beschluss des Haushaltes fest zugesagt.

AfD sieht Anfang vom Ende solider Haushaltspolitik 

AfD-Fraktionschef Jörg Urban bezeichnete den Doppelhaushalt als Anfang vom Ende der soliden sächsischen Haushaltspolitik. Seine Fraktion habe einen gedeckten Haushaltsentwurf vorgelegt. Durch Einsparungen bei Personal, Asyl, Integration, Klimaprojekten, linken Vereinen und im geringen Ausmaß auch bei Hochschulen wolle man das Steuergeld dahin lenken, wo es am meisten gebraucht werde. «Wir werden sie jagen, das ist keine Drohung, das ist ein Versprechen», sagte Urban mit Blick auf die Regierung. 

CDU kündigt Konsolidierung und Personalabbau an

CDU-Fraktionschef Christian Hartmann antwortete Urban postwendend. «Wenn sie auf die Jagd gehen, passen sie auf, dass der Bär sich nicht umdreht», sagte er. «Um den kommenden Haushalt aufzustellen und für die Zukunft Vorsorge zu treffen, müssen große Konsolidierungsanstrengungen unternommen werden.» Das mache einen Personalabbau notwendig. Der jetzige Haushalt verschaffe Zeit, notwendige Reformen vorzubereiten. Kredite sollten nur aufgenommen werden, wenn künftige Generationen von den Investitionen profitieren.

BSW: Haushalt ist weit weg von der Realität und Stimmung im Land

Sabine Zimmermann, Fraktionschefin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) ließ kein gutes Haar am Haushalt. Es sei kein Aufbruch und Neuanfang zu spüren. Der Haushalt sei weit weg von der Realität und Stimmung im Land. Er sei auch weit weg von den Rentnerinnen und Rentnern, die Angst haben, in ein Pflegeheim zu kommen und sich den Eigenanteil nicht mehr leisten können. Er sei auch weit weg von der Situation in den Kommunen, die weiter in Not sein werden. Zimmermann kündigte für das BSW eine Ablehnung des Etats an.

SPD-Fraktionschef Henning Homann sah das komplett anders. Für ihn gibt der Haushalt dem Land Stabilität, Zusammenhalt und Perspektive. Die Einigung auf den Haushalt zeige nicht nur die Handlungsfähigkeit der Koalitionsfraktionen und die Stärke der parlamentarischen Demokratie. Der Beschluss über Parteigrenzen hinweg zeige auch, dass eine neue politische Kultur möglich.

Grüne: Einigung kein Deal, sondern Ausdruck demokratischer Reife

Grüne und Linke listeten auf, was durch ihre Intervention an geplanten Kürzungen etwa in den Bereichen Soziales, Kita, Kultur und Naturschutz zurückgenommen wurde. «Diese Einigung ist kein Deal. Sie ist ein Ausdruck demokratischer Reife», sagte Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert. Als Opposition müsse man sich fragen und klug auseinanderhalten, wann man Sand und wann man Öl im Getriebe sein will.

Nach Darstellung von Linke-Fraktionschefin Susanne Schaper ging es bei der Einigung zum Haushalt darum, «zu retten, was zu retten ist». «Wir als Linke werden in der Opposition weiter gegen die Kürzungspolitik kämpfen.» Ihre Partei wolle höhere Investitionen in den Sozialstaat, Bildung, Infrastruktur und Zukunftsindustrien. Dazu müssten auch Vermögende und Großkonzerne angemessene Steuern zahlen. 

Der fraktionslose Abgeordnete Matthias Berger, der für die Freien Wähler im Parlament sitzt, lehnte sowohl den Haushalt als auch sein Zustandekommen ab. «Besonders unerträglich ist für unser Land dabei, dass diese faktische Regierung aus Rot-Rot-Grün-Schwarz die restliche Legislaturperiode prägen und jede noch so notwendige Reform für unser Land unmöglich machen wird.»

4 comments

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Lukas Müller

Interessante Perspektive, klasse geschrieben

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Mia Braun

Aktuelle Nachrichten, perfekt zusammengefasst

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Sophie Wagner

Ausgezeichneter Beitrag, sehr aufschlussreich

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Felix Neumann

Spannender Bericht, gut gemacht

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