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150 Jahre Flöhatalbahn – Ein Fest der Erinnerung und Zuversicht

Flöha/Hetzdorf. 

Am Samstag rollte nicht nur ein Sonderzug von Chemnitz durch das mittlere Erzgebirge nach Olbernhau – mit ihm fuhr ein bedeutendes Kapitel regionaler Geschichte in die Gegenwart ein. Entlang der Flöhatalbahn, die seit 150 Jahren Menschen, Güter und Geschichten verbindet, wurde an diesem Samstag gefeiert, erinnert, diskutiert und gelacht. Was 1875 mit dem ersten durchgehenden Zugbetrieb zwischen Flöha, Pockau-Lengefeld und Marienberg begann, zeigte sich am Jubiläumstag lebendiger denn je.

Sonderzug wird begrüßt

In Hetzdorf, wo einst drei Bahnlinien auf zwei Ebenen zusammentrafen, wurde der ankommende Sonderzug gegen 9.30 Uhr feierlich begrüßt – musikalisch untermalt vom Blasmusikorchester Flöha, das gemeinsam mit den geladen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Presse und Bahnwesen im Zug angereist war. Das Bahnhofsgelände wurde zur Festmeile. Grillwurst, Brückenschnaps und ein umfangreiches Informationsangebot zum Hetzdorfer Viadukt und Hetzdorfer Bahnhofs-Areal lockten zahlreiche Gäste an. Besonders gefragt waren die geführten Rundgänge über das imposante Brückenbauwerk – eine architektonische Pionierleistung, die eindrucksvoll zeigt, wie Technik und Landschaft im Flöhatal verschmolzen.

Bahnhofsgelände wurde zu Festmeile

Parallel dazu entwickelte sich Pockau-Lengefeld zum pulsierenden Zentrum der Feierlichkeiten. Das dortige Bahnhofsfest sprach Eisenbahnfreunde, Familien und Technikinteressierte gleichermaßen an. Neben Fahrzeugausstellungen und Führerstandsmitfahrten bot das Bahnbetriebswerk der Pressnitztalbahn exklusive Einblicke in historische Technik. Eine Händlermeile, die Präsentationen ortsansässiger Vereine, Modellbahnausstellungen und Vorträge zur Eisenbahngeschichte sorgten für ein vielschichtiges Programm. Besonders beeindruckte die Blaulichtmeile: Feuerwehr, THW, Polizei und Rettungsdienste demonstrierten ihre Einsatztechnik und luden zum Mitmachen ein. Ein mobiles Sonderpostamt am Bahnhof Pockau-Lengefeld bot eine limitierte Edition eines Sondermarkensets mit vier Motiven der Flöhatalbahn mit SonderTagesstempel.

 

Das Stadtmuseum in Olbernhau widmete der Flöhatalbahn eine Sonderausstellung. Auf den Bahnhöfen Reifland-Wünschendorf und Olbernhau präsentierten sich historische Stellwerks-Technik, Gartenbahnbetrieb und Straßenszenen von einst.

Geschichte der Flöhatalbahn

Die Geschichte der Flöhatalbahn ist eng verknüpft mit der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung der Region. Ursprünglich von der Chemnitz-Komotauer Eisenbahngesellschaft gebaut, diente die Strecke der Verbindung zwischen Sachsen und Böhmen und ermöglichte ab 1875 den durchgehenden Bahnverkehr von Chemnitz über das Flöhatal bis Reitzenhain. Besonders der Transport böhmischer Braunkohle und der Anschluss aufstrebender Fabriken im Tal waren Beweggründe für den Bau. Die Bahn brachte nicht nur Güter, sondern auch Menschen in Bewegung – sie war Grundlage für Pendelverkehr, Postbeförderung und Tourismus. Trotz des Niedergangs einzelner Streckenabschnitte nach 1990 – wie der Stilllegung der Verbindung zwischen Marienberg und Reitzenhain – wurde die Strecke durch Investitionen der Erzgebirgsbahn und des Zweckverbands Verkehrsverbund Mittelsachsen umfassend saniert. Heute verkehren auf der 55 Kilometer langen Linie moderne Triebwagen der RB81. In der Woche pendeln Berufstätige, am Wochenende lockt die Strecke Touristen in eine der schönsten Landschaften Sachsens.

Flöhas Oberbürgermeister Volker Holuscha selbst als Fahrgast des Sonderzuges unterwegs

Flöhas Oberbürgermeister Volker Holuscha, selbst als Fahrgast des Sonderzuges unterwegs, betonte die immense Bedeutung der Bahn für seine Stadt: «Die Bahnstrecke war seit dem 19. Jahrhundert mit der Streckenführung ins obere Erzgebirge ein entscheidender Motor der industriellen Entwicklung in der Region und der Erschließung weit entlegener ländlicher Bereiche von Chemnitz. Flöha profitierte hier besonders als mehrgleisiger Umsteige- und Verladebahnhof für Gütertransporte, Berufspendler und Zugreisende.» Ohne das Eisenbahnwesen sei die industrielle Entwicklung der Stadt kaum vorstellbar. Gleichzeitig sprach Holuscha über die strukturellen Herausforderungen, die die Bahn seit der Wende begleiten: «Durch häufige wirtschaftliche und infrastrukturelle Veränderungen, insbesondere nach 1990, stellt die Flöhatalbahn von jeher große wirtschaftliche Herausforderungen. Der technische Wandel und die Konkurrenz durch den Straßenverkehr erfordern eine stete Modernisierung und Anpassung des Geschäftsmodells.»

«Heute besitzt die Strecke vor allem für Berufspendler und die touristische Erschließung große Bedeutung.»

Trotz dieser Umbrüche sieht er eine stabile Zukunft: «Heute besitzt die Strecke vor allem für Berufspendler und die touristische Erschließung große Bedeutung. Die Flöhatalbahn als Teil des regionalen Nahverkehrs und der Entwicklung des Tourismus im Erzgebirge hat also ihre Zukunft gefunden. In Zeiten des steigenden Umweltbewusstseins bietet sie mit ihren modernen Fahrzeugen ein umweltschonenderes Verkehrsmittel gegenüber dem Straßenverkehr.» Auch Erinnerungen an den 1934 neu errichteten Bahnhof in Flöha kamen bei Holuscha zur Sprache: «Er war ein architektonisches Schmuckstück, das mit seiner komfortablen Ausstattung und seinen gastronomischen Angeboten für Reisende und Einwohner in der näheren Umgebung seinesgleichen suchte. Die Privatisierung des Bahnhofs 2008 war ein trauriges Kapitel», so das Stadtoberhaupt. Zwischen 2024 und 2025 ist die Bahnhofshalle des privaten Bahnhofes saniert wurden und beherbergt noch bis zum 3. August die Ausstellung «Verstrickungen» des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) im Rahmen des PurplePath der Europäischen Kulturhauptstadt 2025.

6 comments

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Sophie Wagner

Interessante Perspektive, klasse geschrieben

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Jonas Fischer

Super, freue mich auf mehr

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Leon Hoffmann

Guter, weiter so bitte

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Felix Neumann

Sehr informativer Beitrag

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Jonas Fischer

Wichtige Information, danke fürs Teilen

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Anna Schmidt

Interessante Perspektive, klasse geschrieben

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